Die Macht über die Energie (Öl) – eine weitere Säule zum Bau eines Imperiums

Fiat-Geld, Militär und Reservewährung: Die drei Säulen der Hegemonialmacht – und wieso sie zu wackeln scheinen

Teil 2 von 3

Benjamin Mudlcack

16. Juni 2023 – von Benjamin Mudlack

Die angloamerikanische Angst, die „sieben Geschwister“ und das Öl als dritte Säule der Macht

Die große Machtbedrohung für die angloamerikanische Seite war seit dem industriellen Aufstieg Deutschlands die Sorge, dass deutsche Technologie/Wissenschaft sich mit den russischen Bodenschätzen (Öl, Erdgas usw.) vereinen könne. Der Erste Weltkrieg und die sich anschließende kommunistische Revolution im Jahre 1917 in Russland verhinderten eine entsprechende wirtschaftliche Kooperation zwischen Deutschland und Russland. Auch durch den aktuellen Krieg in der Ukraine  liegt ein Keil zwischen einer wirtschaftlichen Kooperation von Deutschland bzw. Westeuropa mit Russland.

In diesem Zusammenhang sei noch auf die sogenannte Heartland- oder Herzland-Theorie hingewiesen. Diese besagt, dass derjenige die Welt kontrolliert, der das „Herz der Welt“ unter seiner Kontrolle weiß. Das Herz der Welt ist nach dieser Theorie die Eurasische Platte. Hier leben kumuliert die meisten Menschen und auch die Summe der Bodenschätze ist auf anderen Erdteilen nicht vorzufinden. Unabhängig davon, was von dieser Theorie geopolitisch – oder gar ethisch – zu halten ist, wird sie in der geopolitischen Debatte diskutiert.

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Der Erste Weltkrieg beendete die Kolonialzeit Deutschlands und den Zugang zum Öl im Nahen und Mittleren Osten. Von da an und später nach dem Zweiten Weltkrieg dominierten die sogenannten „Seven Sisters“ den globalen Ölmarkt. Allesamt wurden von US-amerikanischen und britischen Unternehmen kontrolliert. Standard Oil (ExxonMobil bzw. Rockefeller), Royal Dutch Shell, Anglo-Persian Oil Companie, British Petroleum (BP), Chevron, Texaco und ConocoPhilips sind an dieser Stelle zu nennen. Insbesondere seit Anfang der 1970er-Jahre wurden sämtliche Öl-Transaktionen auf der Welt in US-Dollar abgerechnet. Der Name Petro-Dollar war entstanden und der US-Dollar erfuhr durch das schwarze Gold quasi eine neue Rohstoffdeckung – ein Faktor, der für die Gelddruck- und Verschuldungsorgien der USA immens schwer wiegt und den die jeweiligen Machthaber mit allen Mitteln zu verteidigen versuchen.

Machthaber, die ihr Öl nicht mehr in US-Dollar fakturieren, leben gefährlich …

Es gibt durchaus prominente Beispiele dafür, was passiert, wenn Staaten auch nur damit drohen, ihr Erdöl nicht mehr in US-Dollar abzurechnen. Libyens Ex-Diktator Gaddafi ist ebenso als Beispiel anzuführen wie der ehemalige irakische Autokrat Saddam Husein.

Im Fall Husseins legte der damalige US-Außenminister Colin Powell am 5. Februar 2003 angebliche Beweise vor, dass der Irak trotz der UN-Sanktionen weiter an der Produktion von atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen arbeiten würde. Bis zu 16.000 Raketen könne die irakische Armee mit chemischen Kampfstoffen bestücken, führte Powell in seiner 76-minütigen Ausführung aus. Die Fakten sollten, so die Aussage, auf seriösen geheimdienstlichen Quellen beruhen. Auf dieser Basis begannen die USA mit ihren Verbündeten dann den Angriffskrieg im Irak. In der Folge wurde seither eine gesamte Region destabilisiert und Millionen Menschen kamen zu Tode.

Die angeblichen Beweise entpuppten sich später bekanntlich als Fälschung. Der Angriff durch die von den USA angeführten Alliierten Militärverbände war somit ein völkerrechtswidriger Krieg.

Es wird in der öffentlichen Debatte vielfach angeführt, dass die USA den Irak nicht territorial beansprucht hätte. Darum ging es nach meiner Einschätzung auch überhaupt nicht. Es ging aus meiner Sicht darum, den kurzen Weg Chinas zu den irakischen Ölquellen abzuschneiden, das Öl unter US-Kontrolle zu bringen und so den US-Dollar und das Geldschöpfungspotential der USA zu stärken.

Das Leid der eigenen Soldaten und Bevölkerung in der Region wurden – wenn dies so war – billigend in Kauf genommen. Die Geschichte schreiben eben die Sieger und folglich fand, zumindest nach meiner Beobachtung, keine aufrichtige Aufarbeitung der Geschehnisse rund um die Fälschung der angeblichen Beweise statt.

Muammar al-Gaddafi wollte mutmaßlich noch einen erheblichen Schritt weitergehen. Er plante für Afrika scheinbar den sogenannten Gold Dinar. Während seiner Präsidentschaft im Rahmen der Afrikanischen Union schlug er im Jahre 2009 den Afrikanischen Staaten eine vom US-Dollar unabhängige goldgedeckte Währung vor. Die Einnahmen aus den Exporten (vornehmlich Ölexporte) sollten nach Fakturierung zeitnah in Gold konvertiert und in einen von den westlichen Banken unabhängigen Fonds eingebracht werden. Nigeria, Tunesien, Ägypten und Angola sollen bereit gewesen sein, diesem Vorschlag zu folgen. Veröffentlicht wurden diese angeblichen Planungen von der Internet- und Enthüllungsplattform Wikileaks. Das Portal berief sich auf Informationen, die aus ungefähr 3.000 E-Mails aus US-amerikanischen Regierungskreisen „geleakt“ worden sein sollen.

Die afrikanischen Staaten konnten den Plan nicht umsetzen. Nach dem Beginn des sogenannten „Arabischen Frühlings“ im Dezember 2010 in Tunesien kam es im Januar 2011 in Algerien und Ägypten zu Aufständen und später zur Entmachtung der Regierungen. Im Februar 2011 begannen die Unruhen in Libyen. Die NATO griff militärisch ein und schließlich wurde Gaddafi im Oktober 2011 umgebracht. Das Land war komplett destabilisiert und es folgte im Jahr 2014 ein mehrjähriger Bürgerkrieg.

Die Rolle der NATO und der Vereinigten Staaten von Amerika im Falle Libyens ist sehr umstritten. Der Spiegel sprach mit Verweis auf den Militäreinsatz von einer „großzügigen“ völkerrechtlichen Auslegung. Die Indizien, worum es hier tatsächlich ging, zeigen jedoch, wie auch im Fall von der Entmachtung Huseins, in eine andere Richtung. Auch die aufkommende Nähe Gaddafis zu China und anderen nicht-westlich orientierten Ländern wird in den USA nicht wohlwollend aufgenommen worden sein.

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China, die BRICS und die Geld Zeitenwende?

Im Vergleich zu China sind Irak und Libyen kleine Fische. Seit einigen Jahren meldet China nun Weltgeltungsansprüche an und untermauert diese auch recht eindrucksvoll. Unter anderem durch das Projekt der Neuen Seidenstraße. Das Projekt ist auf Jahrzehnte ausgelegt, erstreckt sich über die komplette eurasische Platte und die globalen Seewege. So wird ein Tiefseehafen in Nicaragua ebenso gebaut wie eine Alternative zum Panamakanal – der gigantische Nicaragua-Kanal. Auch der Hafen von Piräus wurde 2016 mehrheitlich unter die Kontrolle des chinesischen Logistik-Konzerns Cosco gebracht. Darüber hinaus halten die Chinesen Anteile an den Häfen in Hamburg und Duisburg.

China kopiert die Strategie der USA bzw. des IWF und leiht rohstoffreichen Ländern (von Interesse sind auch fruchtbare, landwirtschaftlich nutzbare Flächen) oder Ländern, die sich an geostrategisch interessanten Standorten befinden, liquide Mittel um die Projekte der Seidenstraße zu finanzieren. Die Bedingung ist die Beauftragung chinesischer Unternehmen. So behält China die Kontrolle und profitiert auch wirtschaftlich. Als Sicherheit dienen Grund und Boden an den jeweiligen Standorten beziehungsweise in den jeweiligen Ländern. Kommt ein Land dem Kapitaldienst, bestehend aus Zins und Tilgung, nicht mehr nach, geht der besicherte Besitz in chinesische Hände über.

Auch in punkto Sicherheit wurde ein Pendant zur westlichen NATO installiert. Bereits im Jahr 1996 wurde die „Shanghai Five“ gegründet. Seit 2001 nennt sich die Institution Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ). Sie repräsentiert rund 40 Prozent der Weltbevölkerung. Teilnehmerstaaten sind neben den sogenannten BRICS-Ländern (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) unter anderem der Iran, Kasachstan, Pakistan. Zudem gibt es „Dialogpartner“ wie zum Beispiel die Türkei. Weiterhin haben sich einige Öl-Emirate (Bahrein, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait, Saudi-Arabien) als Dialogpartner beworben. Gerade im Fall von Saudi-Arabien sollte das aufhorchen lassen. So stand das ölgesegnete Land doch über viele Jahrzehnte unter dem militärischen Schutz der USA. Bröckelt diese Allianz zugunsten einer durch China dominierten Welt?

Diese Frage vermag ich nicht zu beantworten. Interessant ist jedoch, wie China es über mehrere Jahrzehnte geschafft hat, sukzessive die Machtposition auszubauen und strategische Partnerschaften zu errichten. Auch ein in chinesischer Währung denominierter Öl-Terminkontrakt wurde etabliert. Auch wenn dieses Finanzinstrument noch nur schwache Umsätze aufweist, der Fingerzeig ist eindeutig. Im Jahr 2014 wurde die New Development Bank (ehemals BRICS Development Bank) von den BRICS-Staatengegründet. Sie soll die Unabhängigkeit von den westlich dominierten Instituten IWF und Weltbank ermöglichen.

Dynamik erfuhren die Bemühungen einer etwaigen „Ent-Dollarisierung“ der Welt nun im Zuge des Ukraine Krieges. Bereits im März 2022 wurden Meldungen laut, Saudi-Arabien akzeptiere für Öl-Lieferungen nun auch chinesische Yuans. Einige andere Beispiele folgten, so auch ähnlich lautende offizielle Mitteilungen aus Indien. Die Handelsumsätze mit Russland schossen in die Höhe und wurden natürlich ebenfalls nicht mehr in US-Dollar oder Euro abgerechnet.

Quelle: Grafik Benjamin Mudlack
Datenquelle: JP Morgan – Eye on the Market, Hong Kong Monetary Authority

Russisches Privatvermögen in US-Dollar, Euro und anderen westlichen Währungen wurde nach Beginn des Krieges in der Ukraine eingefroren. Das Vertrauen in die Integrität der westlichen Währungen und Rechtsordnungen (Respekt vor dem Privateigentum) wurde erschüttert. So wird vermutlich immer mehr Vermögen aus der westlichen „US-Dollar-Welt“ abgezogen. Dieser Effekt schwächt die globale Dollar-Dominanz.

China, Indien und andere Länder der SOZ stärken Russland eher den Rücken, als die westlichen Sanktionen mitzutragen. Sie nutzen die nun günstigen Beschaffungsmöglichkeiten russischer Bodenschätze. Teilweise werden die russischen Ressourcen anders etikettiert und in die Länder der EU weiterverkauft. Überhaupt scheint die Symbiose aus chinesischer Wirtschaftskraft und russischer Atom- und Militärmacht aktuell sehr viel Sinn mit Blick auf die strategischen Bemühungen Chinas zu ergeben.

Zusätzlich gibt es immer wieder heiße Diskussionen, die ressourcenstarken BRICS-Länder  könnten eine rohstoffgedeckte Währung lancieren um die schuldengedeckte US-Dollar Welt aus den Angeln zu heben. Wie so oft in der Weltgeschichte  bereits geschehen, ist zu erwarten, dass es irgendwann wieder zu einer Wachablösung mit Blick auf die Weltleitwährung und die dominierende Weltmacht kommen wird. Auch wenn der Weg zum jetzigen Zeitpunkt noch weit entfernt zu sein scheint. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine angehende globale Supermacht mit rohstoffgedecktem Geld die ersten Phasen des Aufstiegs einläutet.

Ein weiteres Indiz für diese Entwicklung: in den letzten zwei Dekaden haben die Zentralbanken der BRICS-Länder Russland, China und auch Indien ihre Goldbestände erheblich aufgestockt.

Datenquelle: World Gold Council

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Die im Text verwendeten Quellen werden im 3. Teil dieser Artikelserie veröffentlicht.

Benjamin Mudlack ist gelernter Bankkaufmann und hat an der Fachhochschule Dortmund das Diplom zum Wirtschaftsinformatiker erworben. Er ist Vorstandsmitglied der Atlas Initiative, Mitglied der Friedrich August von Hayek Gesellschaft und begleitet aktiv einige andere freiheitliche Projekte, wie zum Beispiel das jüngst neu gegründete Free Economic Forum.

Zudem betreibt Benjamin Mudlack den YouTube-Kanal „Der ökonomische IQ“ mit der Zielsetzung, möglichst vielen Menschen die österreichische Schule der Nationalökonomie anhand von tagesaktuellen Themen zugänglich zu machen.

Durch seine unternehmerischen Tätigkeiten, unter anderem auch in dem seit mehr als fünf Generationen bestehenden mittelständischen Familienunternehmen, erhielt Benjamin Mudlack tiefe Einblicke in die reale Wirtschaftswelt. Die theoretischen Kenntnisse und der praktische Bezug zum Mittelstand haben ihn zu einem Befürworter von kleinen effizienten Einheiten auf Basis dezentraler („vor Ort“) Strukturen werden lassen, mit den damit verbundenen sinnvollen emotionalen wie auch wirtschaftlichen Haftungsprozessen.

Benjamin Mudlack ist zudem Autor des im Lichtschlag Verlag erschienen Buches „Geld-Zeitenwende – vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld.“ Neben einigen Interviews sind zahlreiche Artikel von ihm erschienen zum Thema Geld bzw. Geldsystem und Mittelstand wie beispielsweise im Smart Investor, bei Tichys Einblick oder im Sachwert Magazin.

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